Geschichten von der Strasse

Überschrift??? Echt mal!

[Dieser Blogeintrag wird Satz für Satz von den bisher anwesenden 8 Trampern erstellt].

 

Wir sitzen seit um zwei im Café und warten jetzt noch auf neun Teams, die am Verrecken auf den kroatischen Landstraßen sind. Stellen uns bereits seelisch auf den zusätzlichen Ruhetag ein, den dann wohl nur drei Teams haben-. [Kollektive dreckige Lache vor dem Treffpunkt in Herceg Novi]. Pizzen sind hier ebenso lecker [Wie war das mit dem Satz abwechselnd??] Dreier-Teams stellen das bisherige Ranking auf den Kopf. Grüße an K2Slow: wollt ihr euch noch oben sehn, müsst ihr die Tabelle drehen. [Ey Leute, mich stechen hier die Biester!] [Willst du was schreiben? – Nö, wunschlos glücklich!]. [Ihr habt doch Flöhe und die Krätze und sowieso!] [Es wird über Bettwanzen und Flöhe diskutiert].

 

also, drei Teams haben sie 400 Km erfolgreich bewältigt, der Rest steckt fest. Wir sind bei Euch!

Da läuft was schief…

Es ist der 15.Oktober 2011, der erste weltweit organisierte Protest gegen Banken, Lobbyisten, Politiker, Atomkonzerne, Genmais, Arbeitslosigkeit, Bunga-Bunga Parties und Mario Barth. Ein Protest gegen alles sozusagen. Das scheint zu passieren, wenn der Körper gegen seine Organe rebelliert. Alles oder Nichts.

Vigo, Galizien. Am Ende des Protestmarschs eine Kundgebung mit Mikrofonzugang für jedermann. Attac, malestar.org und ein paar Betrunkene haben gesprochen. Dann kommt er. Gezielt und schnell zischt seine Faust in den Himmel, als würde er Gott persönlich die Nase brechen wollen. Zack! Volltreffer! Die Masse schreit und pfeift begeistert Beifall.[singlepic id=2011 w=320 h=240 float=left]
„In dem Land, aus dem ich komme, hätte man mir längst die Kehle durchgeschnitten! Wir können dort nicht auf die Straße gehen, protestieren und unsere Meinung öffentlich kundtun! Danke an alle, die heute ihre Stimme erhoben haben und auf die Straße gegangen sind!“, sagt der Mann und verschwindet mit einem fröhlichen Grinsen wieder vom Rednerpult.
Knock-Out in der ersten Runde. Mit drei Sätzen. Der Knock-Out für jeden Kritiker, Zweifler, Pessimisten, Miesepeter. Wäre dies ein Boxkampf, Boris Becker und Gerhard Mayer-Vorfelder hätten vor Wut gepfiffen, stehend und mit zwei Fingern im Mund! Meine Freunde: Brot und Spiele sind vorbei. Das Römische Reich beginnt zu wackeln.
Wer noch nicht ganz verstanden hat, wogegen oder wofür eigentlich protestiert wird: Es spielt überhaupt keine Rolle. Die Menschen protestieren, weil sie protestieren können. Weil sie das Recht haben, zu protestieren. Und das ist gut so. Denn…

Mikrofon und MC `s sind nicht zu trennen wie Religionen und Krieg.
Da läuft was schief…
Ja wir und das Mic sind nicht zu trennen wie Nike und Kinderarbeit.
Irgendwas stimmt hier nicht…
Der Stift und das Blatt sind nicht zu trennen so wie Willkür und Macht.
Da läuft was schief…
Wir und dope Beats sind nicht zu trennen wie Lügen und Politik.
Irgendwas stimmt hier nicht!
(Blumentopf – da läuft was schief)

Sechs Stunden vorher sind wir auf dem Weg von Santiago de Compostela nach Vigo, der größten Stadt Galiziens, und sitzen im Auto eines Journalisten der Zeitung „La Voz de Galicia“. „In der Form kann und wird das aktuelle System nicht weiter bestehen können. Ich kann euch nicht sagen, was passiert. Aber irgendetwas wird passieren.“
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Mautstation. Blauer Himmel, Sonnenschein. Drei Helikopter fliegen über unseren Köpfen hinweg und löschen einige Kilometer entfernt einen Waldbrand. Sieh an, da brennt er auch, der Baum. Seit Monaten hat es hier nicht mehr geregnet. Auch die Pflanzen warten auf einen Wandel.
Das nächste Auto hält, eine Englisch- und Deutschlehrerin. „Hoffentlich sehen wir uns später auf der Demonstration, ich werde in jedem Fall da sein!“, sagt sie. 1989 war sie zufällig in Berlin.
Vor Ort treffen wir auf die ganze Bandbreite an Altersklassen und Demo-Sprüchen, ob spitzfindig oder stumpfsinning. „Wir sind die 99%“, liest man auf vielen Pappschildern und auch in Gesichtern. Der Spiegel hat es im repräsentativen und metaphorischen Sinne wohl nicht ganz verstanden. Shits Happen.[singlepic id=2010 w=320 h=240 float=left]
Wir schlafen am Strand, ich schaffe meine ersten Meter auf der Slackline. Kein Boden unter den Füßen, die Arme haltlos in der Luft. Hmn, irgendwie bezeichnend. Generation Praktikum. Naja, vielleicht können wir unsere Zukunft auch ohne Fundament aus Beton gestalten. Ein paar Schritte bin ich schließlich schon ohne Ast vorangekommen. Irgendetwas jedenfalls muss sich ändern.
Zum Beispiel die Rückseite des Bustickets im ÖPNV von Vigo. Gutscheine für Gratisburger bei McDonalds. Sebastian Bensmann würde sagen: „Da schmeißte dem Hund halt wieder nen Knochen hin und dann hält er auch erstmal schön die Schnauze. Gib dem Pöbel was zu Fressen und Gut is.“ Selbst Käptn Blaubär musste irgendwann schmerzhaft feststellen, dass seine Feinschmeckerinsel eigentlich die Verschlingpflanze Gourmetica Insularis ist, sein übermäßiger Konsum ihn lediglich fett, träge und verwundbar gemacht hat. Blaubär wurde glücklicherweise vom Vagabundierenden Flugsaurier in letzter Sekunde gerettet. Doch wer rettet uns? Jesus? Sicherlich nicht. Vielleicht die inspirierenden Worte von Gunter Pauli. Im Hier und Jetzt jedenfalls sind es ein Argentinier und seine Freundin, die uns kurz vor der Dunkelheit an der Autobahnauffahrt einsammeln und zurück Richtung Santiago fahren: „Ich wohne schon ein paar Jahre hier, aber eine derartige Protestwelle habe ich in Spanien noch nicht erlebt. Soviele Menschen. Etwas liegt in der Luft…das konnte man gestern spüren.“[singlepic id=2009 w=320 h=240 float=right]
Etwas liegt in der Luft. Und vielleicht kommt er bald ja wirklich, der erhoffte Regen. Für die Pflanzen – und die 99%. Denn irgendwas läuft da schief.

Was bisher geschah

Hallo Zusammen!

Knapp eine Woche ist mittlerweile vergangen und wir haben bereits die dritte Etappe hinter uns gelassen. Was die 55 Teams seit ihrem Start erlebt in Bayreuth, Dresden, Kopenhagen, Ghent und Leipzig unterwegs erlebt haben, lässt sich sicherlich hier Kurzform kaum in Worte fassen – weshalb ich es auch gar nicht erst versuche. Allgemeiner Stand der Dinge: Es geht uns allen blendend, wir haben einen Haufen netter Menschen getroffen und genießen das Rennen in vollen Zügen! Das ein oder andere Team musste es sich nachts schon unter Autobahnbrücken gemütlich machen, während andere das Feierabendbier und einen Sprung in den See am Zielort genießen konnten. Trampen und Steckenbleiben – auch das gehört zu den Spielregeln .

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Der Liveticker fällt leider immer mal wieder aus, dafür wollen wir uns an dieser Stelle entschuldigen. Die Testphase war wohl einfach nicht lang genug. Es kann immer mal wieder vorkommen, dass über einen Zeitraum keine Nachrichten eintreffen. Vielen Dank an Ansgar an dieser Stelle, der den Ticker immer wieder von Hamburg aus resetted und das Rennen auch für alle Daheimgebliebenen sichtbar macht.

Obwohl beim Rennen eigentlich nur die Etappenziele festgelegt sind, haben es einige Teams der Leipzig und Bert Routen doch geschafft, den Rennrahmen zu sprengen. Grund: Vergessene Reisepässe und launische Grenzposten beim Eintritt in die Ukraine. So haben sich spontan 6 Teams auf den Weg nach Kosice in der Slowakei gemacht, statt sich mit ihren Routen im ukrainischen Lviv zu treffen. Alle nehmens gelassen – und die Grenzschalter an der Ukraine haben jetzt den einen oder anderen „No Borders – Hitchhiking“ Sticker mehr auf der Fensterscheibe und Klodeckeln kleben. Wir von der Bayreuth Route haben die vergangene Etappe in Stare Hamry, einem 100-Leute-Dorf an der Grenze zur Slowakei verbracht und wohl selten soviel Glück mit den Dorfbewohnern gehabt. Der Fußballplatz wurde kurzerhand für 3 Tage in Beschlage genommen, den Kiddies Jonglieren und Kicken beigebracht und der naheliegende See auf Badetauglichkeit geprüft. Unser unerwarteter Besuch wurde reich beschenkt. Am ersten Tag eine Katze (wir nannten sie M.Katze), am zweiten Tag kamen die Kinder mit einem Blech voll Kuchen ums Eck. Am Starttag für die dritte Etappe verabschiedete uns das ganze Dorf mit Sprechchören und Applaus vom Balkon aus in die Slowakei. Starey Hamry, wir haben es sehr genossen.

Die meiste Zeit sind wir auf Landstraßen unterwegs. Zum einen sind das Panorama der tschechischen und slowakischen Tatra und die vielen grünen Felder und Nadelwälder eine reine Augenweide. Zum anderen ist es noch immer der schönste Moment, grölend und winkend aus dem Auto an Teams am Straßenrand vorbeizuziehen. Das Team Big Toe und We are still wild Animals winken meist, während 404:Not found oder die Trampcard 100 meist dumm aus der Wäschen schauen. Auch Geheimfavorit Pony und Kleid enttäuscht bislang. Generation Victory macht seinem Team alle Ehre und ist auf dem besten Weg, den Titel des „Best male Team“ das zweite Mal in Folge (wenn auch in veränderter Konstellation) an sich zu reißen. Was soll ich noch sagen?Guckt euch die Bilder an, lest den Liveticker und schaut mal aufs Ranking – so langsam zeichnet sich eine Favoritengruppe ab!
Beste Grüße aus Kosice!

Malte

Unser Magazin ist da! Und kann bestellt werden!

grenzenlos1

Es hat zwar lange gedauert und wir haben viel, sehr viel dabei gelernt, doch jetzt halten wir unser erstes, eigenes Magazin zu fünf Jahren Tramprennen mit dem Namen „Grenzenlos-A hitchhiking guide to planet Tramprennen“ stolz wie Oskar in den Händen.

Genauso geht es auch alle denjenigen, die das Heft via Crowdfunding überhaupt erst möglich gemacht haben. Danke dafür und viel Spaß mit dem Magazin. Gleichzeitig gibt es jetzt auch die Möglichkeit für alle anderen, noch ein Heft zu bestellen!

Was euch erwartet? 108 Seiten (mit Cover), Hochglanz, A3 Poster vom Ziel 2012, Geschichten ohne Ende, tolle Bilder, Interviews und ganz viel mehr aus 5 Jahren Tramprennen für Viva con Agua..

Schickt dafür einfach eine Mail mit der Anzahl der gewünschten Magazine und eurer Adresse an gro.nennerpmartnull@ofni

Anschließend müsst ihr nur noch die 10€ (inkl. Porto) fürs Magazin auf unser Konto überweisen. Die Daten kommen dann per Mail.

 

An alle Tramper da draußen

Juan Villarino ist ein Tramper aus Argentinien, unterwegs seit 2005. In der Zwischenzeit hat er Länder wie den Irak, Iran und Afghanistan per Anhalter bereist und ein Buch über seine Erfahrungen dort geschrieben. „Vagabonding in the Axis of evil – by thumb in Iraq, Iran and Afghanistan“ beschreibt das Leben und die dort lebenden Menschen aus einem anderen Blickwinkel, anders als man ihn aus den Medien kennt. Die 275 Seiten werden demnächst als Buch und E-Bock auf seiner Website zur Verfügung stehen

Für alle Tramper des Tramprennens 2010 ließ er uns dieses Gedicht zukommen! Vielen Dank & Happy Hitchhiking!

Mindfulness. Recovery of your inner self through the act of hitting the road.

We have been told over and over how to be productive,
We have been given all the instructions
To be economically useful, socially correct, to match a certain type of fate in a catalogue…

We, road creatures, should complain,
we have been denied –through silence- the allowance of time
to mediate and learn from the world
as a shortcut to meet the different possibilities of ourselves
few friends, maybe a few books
have smuggled their advice into our minds,
to empower our senses with real unmediated experience,
not with soulless barcode marked fast food,
Or media manipulated fast thoughts

Where is depth and dignity?

From within the die hard Babylon,
from the glass and steel hearts of our cities
the world remains untouched.

The villages on the shores of Napo River in Ecuadorian Amazonia,
or the Kuchi nomads who graze their camels across dusty desolate roads
become an abstract piece of information,
an unborn ray of sun.

Fear, angst, miedo,
Is the building ingredient of sedentary sapiens.
Time as perceived by banks,
Only there t calculate interest and mortgages.
Money, as compulsory synonym for happiness.
Education as a formatted gestalt
To foster an insensitive breed of specialists
Are other ingredients.

But how to achieve wisdom, self-domain, peace and empathy?

Fellow travellers I don’t know,
-and therefore part of the caravan, of the big family of hitch-hikers-

There is an invitation for you
It’s not an invitation coming from Facebook
But coming firstly from inside you.

The invitation to navigate the harmony of chaos,
To hitch the world,
To taste the hospitality of people from over 190 countries,
To extend your thumb on the road from Lhasa to Katmnadu,
To leave your footprints on Road 40, on the southern Andes, between glaciers and lake,
To jump in the roof of the cargo train that crosses the Mauritanian desert…
The roads are there,
The cars are there,
The fantastic drivers are there.

It’s your choice .
You can stay working hard to buy a car.
But remember. You are a hitch-hiker
You are the owner of the totality of the cars.

Don’t dream it.
Dreaming is the first step.
And it will be only a dream until step 2:
When you realise that you actually deserve it.
The next step is trusting the universe:
(Everything happens for a reason, the universe always takes care of you)

And finally the third step: finding power.

As Kinga said:
“Every dream is given to us with the power to make it come true”

And remember,
Every untraveled road is an invitation to dance with a Godess.

Buenos caminos,
Juan Villarino
www.
acrobatoftheroad.com