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Ho,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!
#15: Ole
Freiburg ist schön, vom hölzern aufragenden Turm am Schlossberg aus gesehen ganz besonders. Doch zunächst muss man dort hinkommen. Von Hamburg aus. Per Anhalter. Zum ersten Mal per Daumen unterwegs, beim ersten Mal – dem ersten Tramprennen.
der NDR live dabei
Es ist ein Sonnabend im ausgehenden Spätsommer 2008. Spanien ist Europameister im Fußball, Kid Rock dominiert „All Summer Long“ die Hitparade, 11 mehr oder weniger blutige Tramp-Anfänger mit diversen Rucksäcken stehen im nieselig-kalten Hamburg auf dem Platz vor dem Millerntorstadion im Regen. Start vom allerersten Tramprennen. Einer der Tramp-Anfänger bin ich, zwei, und zwar: zwei besonders große Rucksäcke sind meine. Meinen Kompagnon Kiste habe ich drei Wochen vorher kennengelernt, beide brauchten wir jemanden, der mitkam, ergo wurden wir ein Team. Das Etappenziel: 800 Kilometer nach Süden kommen, nach Freiburg. Unsere Vorbereitung ist abgeschlossen: der halbe Hausstand hängt auf dem Rücken, bis auf ein Zelt, Eddinge, Isomatten, Autobahn-Atlanten und so ein Zeugs halt.
Die ersten Kilometer: easy. Wir finden den Weg zur S-Bahn, zum Bus, zur Raststätte Stillhorn. Das Rauschen der vorbeifahrenden Autos und der Geruch einer Fernfahrer-Bratwurstbude verbreiten Autobahnstimmung. Der schnellste Weg nach Freiburg wäre jetzt die A7 runter. Wir entscheiden uns stattdessen für das Osnabrücker Pärchen, das uns nach intensiven Gesprächsversuchen Kistes spontan mitnehmen möchte und schlagen den Weg gen NRW auf der A1 ein. Mein erster Lift überhaupt ist also ein geräumiger Camper-Van, der seine Reisetauglichkeit in den vergangenen Wochen bei einem Roadtrip durch Skandinavien bewiesen hatte.
Wunderbar, so kann es weitergehen. Ich versinke in Träumen von entspannten spanischen Stränden und wache auf dem Rasthof Dammer Berge auf. Der Parkplatz ist das genaue Gegenteil meines Rucksacks: wohlgeordnete Leere. Schließlich verirrt sich ein altersschwacher Citroen auf der großflächigen Asphaltfläche und kommt kaum 10 Meter vor uns zum Stehen. Wir rennen hin, am gelben Nummernschild und dem fehlenden Außenspiegel links vorn vorbei zum Fahrer. Unsere Französischkenntnisse sind so verkommen wie die offenbar allein aus purer Gewohnheit noch fahrende französische Rostlaube. Und wie sie noch fährt, fahren auch wir wieder. Eingequetscht auf der Rückbank zuckeln wir durch den Ruhrpott und genießen den Ausblick auf niederliegende Industrielandschaften und überholende LKW bei 80 km/h Spitze. Scheiß drauf: Wir kommen voran, das zählt.
Zeit, die anderen Teams anzurufen. Ist ja ein Rennen! Die anderen Enden der Leitungen sind überall, aber nicht kurz vor Freiburg. Wir schlagen uns wacker und werden es auch nicht mehr ins Breisgau schaffen, die Sonne war zu schnell am Ende ihrer Tagestour. Nachtdestination: eine kurzfristig aufgetane Schlafmöglichkeit in Bonn.
Der nächste Morgen am Rhein. Die erste Autobahnauffahrt in der Nähe ist unsere. Kiste hat einer vorbeifahrenden Radlerin einen Stadtplan abgeschwatzt, der uns sagt: diese Gegend ist voller Autobahnen, keine drängt sich wirklich auf. Trotzdem versuchen zwei Daumen ihr Glück. In rascher Folge halten Autofahrer, die uns an ihr Ziel mitnehmen wollen. Aber wir wollen nach Freiburg, nicht zum nächsten Bonner Bäcker mit Frühstücksbrötchen. Mit den voranschreitenden Stunden sinkt die Stimmung unter der strahlenden Sonne. Irgendwann nehmen wir schier wahllos Lifts an zu Orten, die Einheimische als heiße Tipps empfehlen und sich als kalter Kaffee entpuppen.
Wir stehen am Verteilerkreis, an der Autobahnauffahrt Siegburg, am ICE-Bahnhof Siegburg, an der Autobahnauffahrt Siegburg. Den Tipp aus „Hitchwiki“, der Tramper-Ortsdatenbank, für Bonn können wir nicht nehmen: Per Straßenbahn raus aus der Ecke, etwas Laufen, und auf die Raststätte. Kiste hat Bekannten zugesagt, dass er NUR per Anhalter fahren wird und auf gar keinen Fall niemals während des Rennens den ÖPNV nehmen wird und nimmt dieses Versprechen ausgesprochen ernst. Mit dem anbrechenden Nachmittag fühlen wir uns fast heimisch in Siegburg. Neue, kreative Gedanken kommen auf. „Ole, hier wird das nichts mehr“, stellt Kiste treffend fest. „Lass uns ein Taxi nehmen!“
20 Minuten später und 20 Euro ärmer stehen wir an einer Tankstelle neben der A3 und mit uns der erste richtige Lift des Tages. Rasch kommen wir voran, keine drei Stunden später taucht Freiburg höchst real vor unseren Augen auf. Oder jedenfalls: die Outskirts der badischen Universitätsstadt, denn die Autobahn meidet den Kontakt mit Freiburgs Innenstadt um einige Kilometer. Trampen macht Spaß, auch wenn andere von dieser Abfahrt vielleicht sodann die 500 m entfernte Straßenbahn in die Stadt genommen hätten. Wir bleiben uns treu und warten und warten und steigen schließlich in den letzten Lift der Etappe ein. „Wo wollt ihr hin?! Auf den Berg?! Mit dem Gepäck?“ Der Fahrer kennt sich aus und hat Zweifel ob unserer Idee. Der Schlossberg ist das 100 m über uns thronende Etappenziel. Gut, dass wir vom anderen Team mittlerweile erfahren haben, dass wir alle in einem Hostel am Fuße des Ziels unterkommen können. Das Gepäck abgestellt, auf den Turm gerannt, Foto gemacht. Zwei Tage gebraucht, Platz 4 von 5. Und: angekommen!
TR-Adventskalender #17
/in Adventskalender_2016, Mein erstes MalHo,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!
#17: Benni
In meinem letzten Schuljahr wollten ein Freund (Sören) und ich dem Lärm und Stress der Karnevalszeit in unserer Heimatstadt Koblenz entfliehen und stattdessen einen Trip durch Deutschland machen.
Zuerst hatten wir vor mit dem Auto zu fahren, doch dann las ich einen Artikel über eine kostenlosen Berlin-Urlaub. In diesem Artikel wurde auch Trampen erwähnt und ich begab mich auf die Recherche zu diesem Thema im Internet. Je länger ich mich mit dem Thema auseinandersetzte, umso mehr Lust bekam ich es auszuprobieren. Und so kam es, dass wir im Auto von Sörens Eltern saßen, die uns Starthilfe gaben und uns zu einer Autobahnraststätte fuhren.
Da standen wir nun, ganz allein auf einer Raste und ganz dem Wohlwollen fremder Autofahrer ausgeliefert. Es war ein neues Gefühl, freudige Erwartung, gepaart mit Hoffnung und ein bisschen Angst – Unsicherheit ist vielleicht der richtige Name.
Die Frage war: Wie fangen wir an?? Ein Schild musste her und dann ging es an den nächsten Schritt: Das Ansprechen. Bis zu diesem Zeitpunkt kam ich in meinem Leben nicht besonders häufig in Situationen, in denen ich komplett fremde Leute ansprechen musste und noch seltener fragte ich sie nach einem Gefallen.
Aber wir wollten ja nach Berlin. Also ging ich auf die erstbeste Person zu und fragte noch verdammt unsicher und aufgeregt, ob sie denn nach Berlin fahren würde. Die Antwort? Nein. Es war gar nicht so schlimm und schwer wie erwartet und nach 15 Minuten und ca. genauso vielen weiteren Absagen, ging ich schon deutlich lockerer auf die Personen zu. Dafür kam aber die Sorge, dass es vielleicht doch nicht die beste Idee war, sich darauf einzulassen. Diese Sorgen wurden sofort weggeblasen und schwappten in Freude über, als ein Mann auf uns zukam und uns anbot, uns bis zur nächsten Raste mitzunehmen, wenn seine Frau und seine Tochter einverstanden sind. Sie waren es und so saßen wir in unserem ersten Lift! Bei der nächsten Raste sprach die Familie nochmal miteinander und wir durften bis Berlin mit ihnen mitfahren. Perfekt! Auf dem Weg hatten wir nette Gespräche und hielten noch bei der ehemaligen innerdeutschen Grenze und besichtigten die Zollgebäude.
Vielen Dank für deine Hilfe Peter!
TR-Adventskalender #15
/in Adventskalender_2016, Mein erstes MalHo,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!
#15: Ole
Freiburg ist schön, vom hölzern aufragenden Turm am Schlossberg aus gesehen ganz besonders. Doch zunächst muss man dort hinkommen. Von Hamburg aus. Per Anhalter. Zum ersten Mal per Daumen unterwegs, beim ersten Mal – dem ersten Tramprennen.
der NDR live dabei
Es ist ein Sonnabend im ausgehenden Spätsommer 2008. Spanien ist Europameister im Fußball, Kid Rock dominiert „All Summer Long“ die Hitparade, 11 mehr oder weniger blutige Tramp-Anfänger mit diversen Rucksäcken stehen im nieselig-kalten Hamburg auf dem Platz vor dem Millerntorstadion im Regen. Start vom allerersten Tramprennen. Einer der Tramp-Anfänger bin ich, zwei, und zwar: zwei besonders große Rucksäcke sind meine. Meinen Kompagnon Kiste habe ich drei Wochen vorher kennengelernt, beide brauchten wir jemanden, der mitkam, ergo wurden wir ein Team. Das Etappenziel: 800 Kilometer nach Süden kommen, nach Freiburg. Unsere Vorbereitung ist abgeschlossen: der halbe Hausstand hängt auf dem Rücken, bis auf ein Zelt, Eddinge, Isomatten, Autobahn-Atlanten und so ein Zeugs halt.
Die ersten Kilometer: easy. Wir finden den Weg zur S-Bahn, zum Bus, zur Raststätte Stillhorn. Das Rauschen der vorbeifahrenden Autos und der Geruch einer Fernfahrer-Bratwurstbude verbreiten Autobahnstimmung. Der schnellste Weg nach Freiburg wäre jetzt die A7 runter. Wir entscheiden uns stattdessen für das Osnabrücker Pärchen, das uns nach intensiven Gesprächsversuchen Kistes spontan mitnehmen möchte und schlagen den Weg gen NRW auf der A1 ein. Mein erster Lift überhaupt ist also ein geräumiger Camper-Van, der seine Reisetauglichkeit in den vergangenen Wochen bei einem Roadtrip durch Skandinavien bewiesen hatte.
Wunderbar, so kann es weitergehen. Ich versinke in Träumen von entspannten spanischen Stränden und wache auf dem Rasthof Dammer Berge auf. Der Parkplatz ist das genaue Gegenteil meines Rucksacks: wohlgeordnete Leere. Schließlich verirrt sich ein altersschwacher Citroen auf der großflächigen Asphaltfläche und kommt kaum 10 Meter vor uns zum Stehen. Wir rennen hin, am gelben Nummernschild und dem fehlenden Außenspiegel links vorn vorbei zum Fahrer. Unsere Französischkenntnisse sind so verkommen wie die offenbar allein aus purer Gewohnheit noch fahrende französische Rostlaube. Und wie sie noch fährt, fahren auch wir wieder. Eingequetscht auf der Rückbank zuckeln wir durch den Ruhrpott und genießen den Ausblick auf niederliegende Industrielandschaften und überholende LKW bei 80 km/h Spitze. Scheiß drauf: Wir kommen voran, das zählt.
Zeit, die anderen Teams anzurufen. Ist ja ein Rennen! Die anderen Enden der Leitungen sind überall, aber nicht kurz vor Freiburg. Wir schlagen uns wacker und werden es auch nicht mehr ins Breisgau schaffen, die Sonne war zu schnell am Ende ihrer Tagestour. Nachtdestination: eine kurzfristig aufgetane Schlafmöglichkeit in Bonn.
Der nächste Morgen am Rhein. Die erste Autobahnauffahrt in der Nähe ist unsere. Kiste hat einer vorbeifahrenden Radlerin einen Stadtplan abgeschwatzt, der uns sagt: diese Gegend ist voller Autobahnen, keine drängt sich wirklich auf. Trotzdem versuchen zwei Daumen ihr Glück. In rascher Folge halten Autofahrer, die uns an ihr Ziel mitnehmen wollen. Aber wir wollen nach Freiburg, nicht zum nächsten Bonner Bäcker mit Frühstücksbrötchen. Mit den voranschreitenden Stunden sinkt die Stimmung unter der strahlenden Sonne. Irgendwann nehmen wir schier wahllos Lifts an zu Orten, die Einheimische als heiße Tipps empfehlen und sich als kalter Kaffee entpuppen.
Wir stehen am Verteilerkreis, an der Autobahnauffahrt Siegburg, am ICE-Bahnhof Siegburg, an der Autobahnauffahrt Siegburg. Den Tipp aus „Hitchwiki“, der Tramper-Ortsdatenbank, für Bonn können wir nicht nehmen: Per Straßenbahn raus aus der Ecke, etwas Laufen, und auf die Raststätte. Kiste hat Bekannten zugesagt, dass er NUR per Anhalter fahren wird und auf gar keinen Fall niemals während des Rennens den ÖPNV nehmen wird und nimmt dieses Versprechen ausgesprochen ernst. Mit dem anbrechenden Nachmittag fühlen wir uns fast heimisch in Siegburg. Neue, kreative Gedanken kommen auf. „Ole, hier wird das nichts mehr“, stellt Kiste treffend fest. „Lass uns ein Taxi nehmen!“
20 Minuten später und 20 Euro ärmer stehen wir an einer Tankstelle neben der A3 und mit uns der erste richtige Lift des Tages. Rasch kommen wir voran, keine drei Stunden später taucht Freiburg höchst real vor unseren Augen auf. Oder jedenfalls: die Outskirts der badischen Universitätsstadt, denn die Autobahn meidet den Kontakt mit Freiburgs Innenstadt um einige Kilometer. Trampen macht Spaß, auch wenn andere von dieser Abfahrt vielleicht sodann die 500 m entfernte Straßenbahn in die Stadt genommen hätten. Wir bleiben uns treu und warten und warten und steigen schließlich in den letzten Lift der Etappe ein. „Wo wollt ihr hin?! Auf den Berg?! Mit dem Gepäck?“ Der Fahrer kennt sich aus und hat Zweifel ob unserer Idee. Der Schlossberg ist das 100 m über uns thronende Etappenziel. Gut, dass wir vom anderen Team mittlerweile erfahren haben, dass wir alle in einem Hostel am Fuße des Ziels unterkommen können. Das Gepäck abgestellt, auf den Turm gerannt, Foto gemacht. Zwei Tage gebraucht, Platz 4 von 5. Und: angekommen!
Tr- Adventskalender #14
/in Adventskalender_2016, Mein erstes MalHo,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!
#14: Julia
Damals, als ich noch jung und unschuldig war, unerfahren und naive könnte man fast sagen, stand ich in Christchurch, Neuseeland am Rande einer Straße.
Eine Freundin, nennen wir sie Jasmin (sie heißt in der Tat so), und ich wollten von der Ost- zur Westküste der Südinsel gelangen und waren einerseits zu geizig für den Bus und andererseits relativ abenteuerlustig. Und so standen wir nun an der Straße die über die Berge Richtung Westküste führte mit einem liebevoll gestalteten Plakat auf dem mit Blümchen verziert „Grey Mouth“ stand (Name der Stadt spiegelt die Landschaftsarchitektur des Ortes recht gut wieder).
Jasmin und ich hatten abgesprochen, dass wir, bevor wir in ein Auto steigen, uns vorher heimlich und stumm verständigen, ob wir uns beide bei dem Lift wohlfühlen.
Nach recht kurzer Zeit hielt ein schwarzes Auto mit abgedunkelten Fensterscheiben. Aus dem Wagen stieg ein Mann mittleren Alters, der mit nur wenigen Worten den Kofferraum öffnete und unsere Rucksäcke in diesen verlud. Mit Angst in den Augen und unsicherem Lächeln starrten Jasmin und ich uns an und verstanden uns direkt – beide fühlten wir uns nicht wohl bei dem Lift, waren aber zu perplex und verunsichert, um etwas zu sagen. So stiegen wir also in das Auto und los ging die Fahrt.
Zunächst wurde wenig gesagt. Der Mann am Steuer versuchte Smalltalk zu machen und Jasmin und ich, verängstigt wie wir waren, antworteten mit knappen Sätzen während wir hofften, dass unsere Stimmen nicht zu zittrig klangen. Um die erdrückende Stille zu brechen, fragte ich, was es denn mit den ungewöhnlich vielen Knöpfen am Armaturenbrett auf sich hatte. Da knackte das Radio und ein unverständlicher Funkspruch wurde durchgegeben. Unser Fahrer, der natürlich alles verstanden hatte, nahm sein Funkgerät zur Hand und antwortete.
Es stellte sich heraus, dass wir in einem Auto der Zivilpolizei saßen und unser netter Fahrer in gefährlicher Mission gegen das berüchtigte Rauschmittel „Gras“ war. Vor einigen Wochen hatte er den Man, der die gesamte Westküste mit der Droge belieferte, geschnappt.
Dies erkläre einiges! Auch das kleine Dorf, in dem wir an der Westküste lebten, hatte Probleme an Grasnachschub zu kommen. War Marihuana normaler Weise eine soziale Droge, die im Kreise von Freunden auf Partys und unter dem Motto „puff puff pass“ konsumiert wurde; horteten die Leute nun ihre Vorräte und rauchten ihre Sportzigaretten heimlich hinterm Haus um nicht teilen zu müssen.
Unser Fahrer erklärte, er wäre nun unterwegs um Investigationen durchzuführen. Jasmin und ich fühlten uns wie Tim und Struppi (in diesem Senario wäre Jasmin natürlich Struppi), wie zwei der drei Fragezeichen, wie Miss Marpel und Hercule Poirot. Die Angst schwang so gleich in begieriges Interesse um. Als wir dann auch noch Polizeiradio hören durften und uns Verbrecheranekdoten erzählt wurden, fühlten wir uns mega, ultra, hyper cool und wir warteten nur drauf unseren Freunden von unserem Abendteuer zu erzählen.
Sicher und froh kamen wir an der Westküste an, unser erster Versuch zu trampen war ein voller Erfolg. Die Arbeit unseres Fahrers führte in unserem Heimat-Dorf jedoch nicht zu so strahlenden Gesichtern wie bei uns. Sie führte viel mehr dazu, dass viele durch Not und Verzweiflung zu „legalen Drogen“ griffen. Kurz gesagt, sie konsumierten Stoffe, die noch nicht verboten waren oder verkauft werden durften, weil eindeutig drauf stand „not for human consumption“. Das Rauchen dieser Badezusätze und Duftstäbchen führte wiederum zu neuen naiven und abenteuerlichen Anekdoten im Dorf, aber dies ist eine andere Geschichte…
TR-adventskalender # 13
/in Trainingslager (Tramp-Geschichten)Ho,ho,ho- Los gehts! Die Weihnachtszeit rückt näher und wir wollen euch etwas ganz besonderes präsentieren: Den ersten Adventskalender auf tramprennen.org. Jeden Tag bis Weihnachten (oder auch daüber hinaus..) gibt es für euch eine Geschichte von unserer allerallerersten Tramperfahrung! Viel Spaß mit den Geschichten und wir freuen uns riesig über weitere “Mein-erstes-Mal”-Geschichten für den Adventskalender. Schickt Eure einfach an gro.nennerpmartnull@ofni. Whoop,Whoop!
# 13: Lisa
Als meine erste Tramperfahrung beschreibe ich gerne das gesamte Tramprennen 2016. Vorher bin ich noch nie mit rausgestrecktem Daumen von A noch B gereist, aber ich wollte es endlich ausprobieren. Im letzten Jahr konnte ich nicht am Rennen teilnehmen, weil Timing eben ein Arschloch sein kann, wie wir alle wissen.
Vor dem Start war ich skeptisch: Während meines Engaments für eine lokale Aktivist:innengruppe bin ich mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, die auf der exakt gleichen Route, die ich zum Spaß bereisen wollte, Fluchterfahrungen gesammelt hatten. Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte, dass es für mich so viel einfacher sein würde als für sie, einfach nur weil ich im Besitz dieser speziellen kleinen Plastikkarte war, die ich tagtäglich in meinem Geldbeutel mit mir herumtrage.
Und dann war er da – mein erster Lift überhaupt. Ein Mann Mitte 50 sammelte uns an einer Tankstelle am Ortsausgang von Innsbruck ein und versprach uns zu einem besseren Spot nahe der Autobahn zu bringen. Im Nachhinein frage ich mich schon ein bisschen, warum er überhaupt für uns angehalten hat und was er wohl von uns dachte, als ich in meinem FC St. Pauli T-Shirt mit dem großen Totenkopf auf der Vorderseite so am Straßenrand stand…
Als wir nämlich mit dem oberflächlichen Geplänkel, darüber wo wir denn herkommen und wo er denn hinfährt fertig waren, befanden wir uns ziemlich schnell in einer politischen Diskussion, für die ich am frühen Morgen definitiv noch nicht bereit war. Während mein Hitchmate sich auf der Rückbank in einem Stadium irgendwo zwischen todesverkatert und einfach übermüdet befand, verbrachte ich etwa eine Stunde damit, mit unserem Fahrer über die Unterschiede zwischen deutscher und österreichischer Politik und die europäische Asylpolitik zu diskutieren. Als er schließlich sichtlich enttäuscht davon war, dass ich ihm nicht die genauen Zahlen aller Sozialhilfe beziehenden Renter:innen in Deutschland nennen konnte – und das obwohl ich doch Politikwissenschaften studiere! – war unsere Diskussion schon so aufgeheizt, dass er vergaß uns am eigentlich geplanten Spot rauszuwerfen.
Also ging es gemeinsam noch ein Stück weiter auf der Landstraße: Während ich von seiner Sturheit immer genervter wurde, schien ihm die Diskussion wirklich Spaß zu machen. Eine seiner Äußerungen, werde ich wohl so schnell nicht vergessen: Er war überzeugt davon, dass ich nur so überzeugt von dem Konzept offener Grenzen bin, weil ich ja noch so jung und unerfahren sei. Aber in zwanzig oder dreißg Jahren, sagte er, da würde sich meine Meinung bestimmt geändert haben. Das auch ich dann eine der Personen sein werde, die es problematisch findet nicht-deutsche Nachbar:innen zu haben. Dass auch ich dann Angst haben und mich um die Zukunft meiner Kinder sorgen würde, wegen all dieser geflüchteten Menschen und ihren uns unbekannten Traditionen.
Diese Aussage blieb mir eine ganze Weile im Kopf und alles, was ich dazu sagen kann, ist: Wenn das wirklich der Fall sein sollte, dann habe ich irgendwann etwas ganz furchtbar falsch gemacht! Zum Glück gelang es meinem Hitchmate an genau diesem Punkt, sich doch noch ins Gespräch einzubringen und das Thema wechselte relativ schnell zu Fußball, wo es auch blieb, bis uns unser Lift schließlich am McDonalds in der nächsten Kleinstadt unserem Schicksal überließ.
Für den Rest dieses ersten Tramptages und den Rest des Tramprennens 2016 waren die meisten unserer Lifts freundliche und aufgeschlossene Menschen und ich bin ihnen allen sehr dankbar dafür, meine erste Tramperfahrung mitgestaltet zu haben. Und auch diesem ersten Lift bin ich dankbar, wenn auch auf eine andere Art. Er hat mir gezeigt, wie wichtig es ist für eine der Grundannehmen, die vom Tramprennen unterstützt werden, einzustehen: Grenzen für die Menschen zu schließen, die auf deren Offenheit am meisten angewiesen sind, während andere Menschen unzählige Privilegien genießen, derer sich die meisten nicht einmal bewusst sind, ist nicht, wie die Dinge funktionieren sollten. Und diese Aussage muss verbreitet werden. Deswegen, mein lieber rassistischer Fahrer aus Innsbruck, halte ruhig Ausschau nach mir – am Besten gleich nach allen, die diese Meinung teilen – Ich bin mehr als motiviert dieses Thema wieder aufzugreifen, falls wir das Vergnügen haben sollten uns ein zweites Mal zu treffen.
Tr-Adventskalender #12
/in Adventskalender_2016, Mein erstes Mal#12: Maja